Freitagnachmittag, die ganze Ausrüstung ist im Auto verstaut, der Berg ruft, wie es einst das bayrische Dance-Duo K2 schrecklich trällerte. Unser Ziel: das Stubaital, eine Region mit reichlichen Möglichkeiten für Freerider. Die Wettervorhersage für das Wochenende war vielversprechend, samstags Sonnenschein und in der Nacht auf Sonntag Neuschnee. Die Motivation war also ganz weit oben und wir machten uns voller Vorfreude auf den Weg ins schöne Tirol. Die beiden Nächte verbrachten wir im Alpen-Hotel „Berghof“, das direkt an der Talstation des Elferliftes in Neustift liegt. Neben leckerem Essen und gutem Service gab es ein kleines Schwimmbad im Keller und einen wirklich schönen Saunabereich.
Im Stubai gibt es vier Skigebiete, den Stubaier Gletscher, Schlick 2000, die Elferlifte und die Serlesbahnen. Das größte Skigebiet im Tal ist der Stubaier Gletscher mit 62km Pistenlänge, das durch 26 moderne Seilbahn- und Liftanlagen erschlossen ist. Wir wollten aber nicht zum Pistenrutschen ins Stubai. Unser Plan am Wochenende: Samstags bei Sonnenschein die 15 ausgewiesenen Freerider uns des Stubaier Powder Department im Gletscherskigebiet erkunden und am Sonntag mit etwas Glück bei Neuschnee im Skigebiet Schlick 2000 die abwechslungsreichen Hänge im offenen Gelände und im Wald entlang der Schlicker Alm zu fahren.
Am Samstagmorgen machte uns jedoch der immer stärker werdende Fön einen Strich durch unsere Planung. Die Seilbahnen im Gletschergebiet waren nur teilweise geöffnet, daher haben wir kurzerhand unseren Wochenendplan einfach umgedreht und fuhren nach Fulmpes. Das Skigebiet Schlick 2000 gilt als Familienskigebiet mit einem vielseitigen Pistenangebot, zahlreichen urigen Hütten und – für uns am wichtigsten – extrem viele abwechslungsreiche Hänge abseits der Piste. An der Talstation wartete bereits unser Bergführer Leo von der Alpin Skischule Neustift auf uns. Keine 15 Minuten später waren wir an der Bergstation der Kreuzjochbahn angekommen und vor uns breitete sich das eindrucksvolle Bergpanorama mit den markanten Gipfeln der Kalkkögel aus. Am Vormittag sind wir im Sonnenschein vom Sennjoch aus in die weitläufigen Hänge oberhalb der Baumgrenze gefahren. Powder suchten wir zwar vergeblich, aber unseren Spaß im verfahrenen und kräftezehrenden Gelände hatten wir trotzdem zu genüge. Gut gestärkt bzw. eher vollgestopft nach dem leckeren Mittagessen im Panoramarestaurant Kreuzjoch haben wir uns an die Waldabfahrten unterhalb des Kreuzjochs gewagt. Dort gibt es unterschiedlichste Treeruns, enge Rinnen und immer wieder schöne Lichtungen, die jedes Freeriderherz höher schlagen lassen. Für Tourengeher gibt es von der Schlickeralm diverse Aufstiege durch Steile Rinnen oder anspruchsvolles Gelände auf die Gipfel der Kalkkögel.
Zurück im Hotel ging es gleich in die Sauna. Anschließend sind wir zum Abendessen nach Fulpmes gefahren. Oberhalb des Dorfes liegt am Waldrand auf 1000m Seehöhe der „Gröbenhof“. Der Gasthof ist ein echter Familienbetrieb, bei dem besonders viel Wert auf sogfältige Zubereitung und auf die Frische der Produkte gelegt wird. Für die Zubereitung der Gerichte werden daher so viele Produkte wie möglich von den Bauern aus der Region verwendet. Das schmeckt man auch und für uns steht fest: Wir kommen ganz sicher wieder! Als wir vom Essen zurück ins Hotel kamen fing es an leicht zu schneien. Das wirkte sich gleich sehr positiv auf die Stimmung in unserer „Gute- Nacht- Bier“-Runde aus.
Am nächsten Morgen klingelte mein Wecker, ich schob den Vorhang auf und draußen war alles weiß. Mit breitem Grinsen im Gesicht packte ich mein ganzes Zeug in den Rucksack. Der Rest der Truppe war auch schon bereit und wir machten uns auf den Weg zum Gletscher. Oben angekommen an der Bergstation der Eisgratbahn wartete auch schon wieder der Leo am Powder Department Checkpoint auf uns. Dort sind die 15 Off-Piste-Runs übersichtlich dargestellt, die wir heute alle erkunden wollten. Erfasst sind die Strecken mit GPS-Daten, die auf der Freeride-Map des Powder Departments eingezeichnet sind. Die Karte kann man sich schon vor dem Skitag am PC oder Smartphone downloaden und damit Touren planen. Aktuelle Lawineninformationen sowie ein Kontrollpunkt für die LVS-Geräte gehören zum Service des Checkpoints dazu.
Am Anfang hatten wir noch mit der Sicht zu kämpfen, aber die Sonne drückte sich immer wieder durch. Mit Run 5 „FernauXpress“ und Run 10 „The Wall“, der entlang der Fernauer Mauer führt, starteten wir in den Tag. Die Sicht wurde besser und wir machten uns an die interessanten Runs. Mit dem Doppelsessel Wildspitz gelangten wir zur höchsten mit dem Lift erreichbaren Stelle im Skigebiet auf 3212m. Von dort starteten wir zunächst in Run 15 – Thriller Flake und anschließend in Run 14 – The Wildspitz. Der teilweise 45 Grad steile Run zählt zu den absoluten Highlights im Gebiet, besonders wenn er nahezu ohne Spuren vorgefunden wird – was ein Glück für uns.
Während des Mittagessens wurde das Wetter wieder schlechter, aber wir ließen uns davon nicht abhalten, die restlichen interessanten Varianten zu fahren. Zunächst ging es über Run 6 – Gamsgrat von der Bergstation Gamsgarten zur Dresdner Hütte und von dort über Run 8 – Klippl bis runter zur Talstation. Hier muss man sich genau an die Wegbeschreibung halten, da sonst einige hohe Felsen sehr gefährlich werden können. Das Highlight am Nachmittag wartete am Daunjoch auf uns. Von der Bergstation des im Jahr 2012 errichteten Vierersessellift gelangt man durch die Glamergrube zur Talabfahrt Wilde Grub‘n. Nach einem dreiminütigen Aufstieg zu Fuß auf den Grat oberhalb der Bergstation konnten wir schon wieder unsere Ski anschnallen. Beim Einstieg in den Hang ist Vorsicht gefordert, da dort viele Steine unter der Schneedecke lauern und das erste Stück auch von der Hangneigung nicht ungefährlich ist. Anschließend warten schöne breite Hänge, die jedem Freerider ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Unten angekommen hatten wir noch immer nicht genug. Also setzten wir uns nochmals in die Gondel zum Eisgrat und fuhren über die Skiroute Wilde Grub’n wieder ins Tal, das wir um 16:30 Uhr mit schweren Beinen erreichten.
Zum Abschluss meinte unser Guide Leo nur „Es gibt wirklich schlimmere Arbeitstage…“. Der Freeridetrip ins Stubaital hat uns doch alle sehr beeindruckt und eins steht fest: Wenn der nächste Powder kommt, werden wir nicht lang überlegen, wo unsere Reise hinführt.